Video-Podcast: Woher kommt das Böse in der Welt? | Lanz & Precht

Video-Podcast: Woher kommt das Böse in der Welt? | Lanz & Precht

Kurze Zusammenfassung

Das Video behandelt die dunklen Aspekte der menschlichen Natur und die Frage, wie Menschen zu extremen Gewalttaten fähig sind. Es diskutiert die Unterscheidung zwischen "schlechten" und "bösen" Taten, die Rolle von Traumata, Ideologie und Gruppendynamik bei der Entstehung von Gewalt sowie die Faszination des Bösen in der Gesellschaft. Abschließend wird die transgenerationale Traumatisierung durch Krieg und Gewalt thematisiert und die Bedeutung einer friedlichen Gesellschaft betont.

  • Unterscheidung zwischen "schlechten" und "bösen" Taten
  • Rolle von Traumata, Ideologie und Gruppendynamik bei der Entstehung von Gewalt
  • Faszination des Bösen in der Gesellschaft
  • Transgenerationale Traumatisierung durch Krieg und Gewalt

Land und Brecht

Richard Mahr spricht mit der Forensikerin über das Böse und die Abgründe der menschlichen Natur. Die Forensikerin erklärt, dass sie sich bei ihrer Arbeit nicht auf die Suche nach dem "Bösen" macht, sondern Straftaten als Ausdruck menschlichen Versagens betrachtet. Sie untersucht, ob eine Straftat im Zusammenhang mit einer schweren psychischen Erkrankung steht und erstellt Gefährlichkeitsprognosen.

Unterscheidung zwischen Schlecht und Böse

Es wird die Unterscheidung zwischen "Bad" und "Evil" diskutiert. "Evil" wird dabei als bösartige Gesinnung verstanden, die aus einer psychischen Störung resultiert und Freude an Gewalt und Quälerei empfindet. Die meisten schweren Straftaten entstehen jedoch aus Verzweiflung, Traumata oder Gewalterfahrungen in der Kindheit. Die Forensikerin betont, dass sie als Sachverständige neutral ist und sich auf die schädigenden Handlungen gegen Dritte konzentriert, wobei sie unterschiedliche Motive berücksichtigt.

Motive für Verbrechen

Es gibt unterschiedliche Motive für Verbrechen, die von tragischen persönlichen Fehlentwicklungen bis hin zu perfiden Absichten reichen. Beispiele sind Eifersucht, Besitzstreben, Konkurrenzausschaltung und Ehre. Auch sexuelle Lust kann ein Motiv sein, ist aber selten. Die Motive sind unterschiedlich stark in der Person verankert.

Fallbeispiele

Ein Fallbeispiel ist eine Frau, die ihren Mann mit Hilfe ihres Liebhabers umbringt, weil sie nicht in der Lage ist, sich von ihm zu trennen. Dies wird als Ausdruck einer inkompetenten und emotional belastenden Konfliktlösungsstrategie interpretiert. Ein anderes Beispiel ist ein Mann, der seine Nachbarin auf grausame Weise tötet. Die Forensikerin erklärt, dass solche Taten oft mit Impulsivität, cholerischem Temperament, Suchterkrankungen und geringem Selbstwertgefühl zusammenhängen. Im konkreten Fall handelte es sich um einen ehemaligen Metzger, der alkoholabhängig und einfach strukturiert war.

Das Böse in jedem von uns?

Es wird die Frage aufgeworfen, ob das Böse in jedem Menschen schlummert und ob jeder unter bestimmten Umständen zu extremen Taten fähig wäre. Die Forensikerin stimmt dem grundsätzlich zu, betont aber, dass die Anzahl der Schutzschichten und die historischen Umstände eine entscheidende Rolle spielen. Das Dritte Reich dient als Beispiel dafür, dass normale Bürger zu unfassbaren Gräueltaten fähig waren.

Dehumanisierung und Ideologie

In befriedeten Gesellschaften haben Eltern in der Regel einen individuellen Auftrag, während in totalitären Systemen die Taten oft in einem vorgegebenen politischen Kontext und unter einer Ideologie geschehen. Narrative wie Pflichterfüllung, Befehl und Gehorsam spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Forensikerin betont, dass jede destruktive Ideologie mit der Entmenschlichung beginnt, indem Menschen die Menschenwürde abgesprochen wird.

Konformitätsdruck und Gruppendynamik

Neben der Pflichterfüllung spielt auch der Konformitätsdruck eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Gewalt. Ein Beispiel ist das Verhalten von Polizisten im Holocaust, denen die Wahl gelassen wurde, sich an Massakern zu beteiligen. Der Konformitätsdruck führt dazu, dass Menschen Dinge tun, die sie sonst nie tun würden. Dies gilt auch für Gruppendynamiken bei Gewalttaten wie Gruppenvergewaltigungen.

Traumatisierung und Gewalt

Die Forensikerin schildert ein Beispiel von Sally Perel, dessen Eltern vor den Nazis nach Polen flohen und später ermordet wurden. Sie betont, dass die Entscheidung, den Motor eines Lastwagens mit Abgasen anzulassen, eine individuelle Entscheidung war, die nicht von Sadisten getroffen wurde. Die Forensikerin erklärt, dass Härte und Mitleidlosigkeit in bestimmten Gesellschaften als Synonym für Stärke gelten und zur narzisstischen Selbstwertstabilisierung beitragen können.

Gewaltfaszination in befriedeten Gesellschaften

Es wird die Frage aufgeworfen, warum in befriedeten Gesellschaften das Interesse an virtuellen Morden so groß ist. Die Forensikerin erklärt, dass dies mit der Tabuisierung des Todes und der Angst vor dem Unbekannten zusammenhängt. Krimis bieten eine spielerische Möglichkeit, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen und die eigene Angst zu verarbeiten.

Die Imagination des Bösen

Die Forensikerin beschreibt eine imaginäre Übung, bei der man sich vorstellt, dass die eigene Existenz das Ergebnis einer Vergewaltigung ist. Sie dekliniert dies dann durch, indem sie verschiedene Aspekte wie ungewollte Zeugung, Gewalt, Inzest und transgenerationale sexuelle Missbrauchssituationen einbezieht. Sie erklärt, dass solche Erfahrungen die Hirnreifung beeinträchtigen und die Wahrscheinlichkeit für einen positiven Lebensweg verringern.

Transgenerationale Traumatisierung

Die Forensikerin erklärt, dass nicht nur die Gene, sondern auch Aktivierungsmuster von Genen vererbt werden. Dies bedeutet, dass die Erfahrungen der Mutter während der Schwangerschaft Auswirkungen auf das Stresslevel und die Stressregulation des Kindes haben können. Sie verweist auf die Situation in der Ukraine, wo Misstrauen und Angst die Gesellschaft durchdringen und die Kinder bereits frühzeitig auf eine feindselige Umwelt eingestellt sind. Dies führt zu einer Traumatisierung über Generationen, die möglicherweise erst im Alter wieder zum Vorschein kommt.

Schlussfolgerung

Abschließend wird die Bedeutung einer friedlichen Gesellschaft betont und die Notwendigkeit, sich mit den unmittelbaren Auswirkungen von Gewalt auseinanderzusetzen. Die Forensikerin zitiert Immanuel Kant, der sagte, dass Kriege mehr böse Menschen schaffen als sie hinwegnehmen. Sie betont, dass die Zivilisation ein dünner Film ist und dass wir alles dafür tun sollten, den Frieden zu erhalten.

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