Kurze Zusammenfassung
Der Vortrag befasst sich mit der spirituellen Suche von Etty Hillesum, einer jüdischen Frau, die während des Holocausts lebte. Es wird untersucht, wie sich ihr Gottesbild entwickelte, von einer imaginären Figur zu einem transzendenten Wesen, und wie sie trotz der Gräueltaten des Krieges an der Güte der Schöpfung festhielt.
- Hillesums spirituelle Entwicklung und ihr Gottesbild
- Ihre Sicht auf die Verantwortung der Menschheit angesichts des Leidens
- Ihr Glaube an die Güte des Lebens trotz der Schrecken des Holocausts
Einleitung
Der Redner bedankt sich für die Einladung und die Möglichkeit, in der Synagoge in Linz zu sprechen. Er entschuldigt sich für sein nicht perfektes Deutsch und kündigt an, über Etty Hillesum zu sprechen.
Über Etty Hillesum
Etty Hillesum wurde am 15. Januar 1914 in Melbourn geboren und im November 1943 in einem Vernichtungslager ermordet. Ihre Tagebücher und Briefe sind wichtige jüdisch-niederländische Zeugnisse. Sie enthalten Beschreibungen des Durchgangslagers Westerbork und reflektieren ihre existentielle Suche ethischer, philosophischer, spiritueller und literarischer Natur. Ihre Schriften wurden in 18 Sprachen übersetzt und haben weltweite Aufmerksamkeit erhalten und viele Kunstwerke inspiriert. In Linz gab es eine erfolgreiche Produktion namens "Etty", die ihre Erotik, Spiritualität und intellektuelle Leidenschaft thematisierte. Eines der Hauptthemen in Hillesums Schriften ist ihre spirituelle Suche nach dem Sinn des Lebens, insbesondere ihr Gottesbild.
Die Rezeption von Etty Hillesums Werk
Viele Leser versuchen, Hillesums Gottesbild in ihre Religion oder Tradition zu integrieren. Einige vergleichen sie mit Edith Stein, einer deutschen Philosophin und Karmelitin, die ebenfalls in Auschwitz ermordet wurde. Dieser Vergleich ist jedoch mangelhaft, da Stein eine Nonne im Habit war, während Hillesum Mitarbeiterin des jüdischen Rates war. Hillesum war christlichen Werten nicht abgeneigt, las das Neue Testament und Augustinus' Bekenntnisse, aber sie war keine Christin und Jesus hatte keine besondere Bedeutung für sie. Sie war auch keine orthodoxe Jüdin, sondern gehörte zu den assimilierten niederländischen Juden, die vor dem Zweiten Weltkrieg keine koscheren Speisen zu Hause pflegten, aber dennoch Interesse an jüdischen Angelegenheiten hatten. Die deutsche Besatzung beendete jede persönliche Option der Neutralität für sie und alle assimilierten Juden. Von da an begann Hillesum, über "wir Juden" zu schreiben und wollte das Schicksal ihres Volkes teilen. Es wäre daher besser, sich ihren Schriften nicht aus dem Blickwinkel zu nähern, ob sie jüdisch genug war, und sie nicht von irgendeiner Weltsicht vereinnahmen zu lassen.
Etty Hillesum und die Bibel
Obwohl Hillesum viele Autoren las, hatte der deutsche Dichter Rainer Maria Rilke den größten Einfluss auf sie. Ihre tägliche Bibellektüre war ebenfalls von großer Bedeutung. Sie bevorzugte die hebräische Bibel, das Alte Testament. Nachdem sie einige Psalmen mit ihrem Freund Jule Spier gelesen hatte, notierte sie in ihrem Tagebuch, dass vom Alten Testament Urkräfte ausgehen und es etwas Volkstümliches darin gibt. Sie erkannte den literarischen Wert der Bibel und nutzte sie als spirituelle Leitlinie und als Antrieb, nach den richtigen Worten für ihre eigenen Gedanken zu suchen. Das Buch der Psalmen begleitete sie auf ihrer letzten Reise von Westerbork nach Auschwitz. Auf einer Postkarte, die sie aus dem fahrenden Zug warf, schrieb sie: "Als ich die Bibel aufs Geratewohl öffnete, fand ich dies: Der Herr ist meine Burg."
Das Tagebuch als Gespräch mit Gott
Hillesum begann auf Anraten als Teil der Psychotherapie mit dem Tagebuchschreiben. Während ihrer spirituellen Suche wandelte sich dieses Tagebuch von einem therapeutischen Instrument in ein Gespräch mit Gott. Ein Beispiel dafür ist der Tagebucheintrag über den Jasmin hinter dem Haus, der vom Regen zerzaust ist, aber in ihr blüht der Jasmin unaufhörlich weiter und sein Duft verbreitet sich um Gottes Wohnsitz in ihrem Inneren. Sie bringt Gott nicht nur ihre Tränen und ängstlichen Vermutungen dar, sondern auch duftenden Jasmin und alle Blumen, die sie auf ihrem Weg findet. Sie würde Gott auch eine Wolke darbringen, wenn sie in einer engen Zelle eingeschlossen wäre. In diesen Passagen schrieb Hillesum "mein Gott" und sprach zu ihm.
Die Bedeutung des Wortes "Gott" in Hillesums Tagebüchern
Nicht alle Stellen, in denen das Wort "Gott" vorkommt, haben dieselbe Bedeutung. Am Anfang der Tagebücher verwendete Hillesum das Wort Gott als eine imaginäre Figur, zu der sie sprach, weil es ihr so leichter fiel, ihre Gedanken zu artikulieren. Gott war also nicht mehr als eine dienliche Bezeichnung für das, was sie als das Allertiefste in sich selbst bezeichnete. Auf diese Weise betrachtet ist das Gebet nicht anders als ein Selbstgespräch. Sie kniete zum Gebet nieder, obwohl dies für Juden nicht üblich war, und sah darin eine intime Geste.
Gottes Transzendenz und Immanenz
Die Bibel beschreibt Gott als einen transzendenten Gott, der im Himmel thront. Der Gott Israels ist ein einzigartiger, klar umrissener Charakter und nicht ein generelles Prinzip wie bei griechischen Philosophen. Der Gott der Bibel ist nicht im menschlichen Wesen zu finden, in seiner Gegenwart ist der Mensch nur Staub und Asche. Im Gegensatz dazu bevorzugte Hillesum eine Repräsentanz Gottes aus dem tiefsten Teil der menschlichen Person, ein immerender Gott. Sie ruhte in sich selbst und nannte das Allertiefste und Allerreichste in sich Gott. Dieser Gott ist nicht der transzendente Gott der Bibel, sondern der Friede, den sie in sich selbst spürt.
Die Entwicklung von Hillesums Gottesbild
Hillesum gab den Namen Gott manchmal auf, da sie das Wort Gott manchmal so primitiv fand, da es doch nur eine Metapher ist, eine Annäherung an unserem größten und andauerndsten inneren Abenteuer. Wenn sie geneigt war, mit Gott zu sprechen, war es so, als ob sie etwas in sich selbst ansprechen würde und einen Teil von sich zu beschwören versuchte. Wenn Hillesum den tiefsten Teil ihres Selbst Gott nennt, ist Gott dann der tiefste Teil ihrer eigenen Person oder ist er etwas von außen halb das in ihrem wurscht soll schlägt. Es gibt einen großen Unterschied zwischen diese beiden Konzepte. Im ersten Fall ist der tiefste Teil in einer Person göttlich, im zweiten Fall wählt Gottes in jedem Menschen zu wohnen.
Gott als Bewohner des Menschen
Hillesum stellte sich bildlich vor, dass Gott in der Person Wohnung nimmt, ja es ist sogar im Körper bewegt vom Kopf hin zum Herzen. Der Kosmos hat sich von meinem Kopf zu meinem Herzen bewegt oder vielleicht zu meinem Zwerchfell auf jeden Fall von meinem Kopf zu einem anderen Körperteil und sobald Gott in mir umgezogen war zu dem Platz in dem er immer noch wohnt hörte das Kopf und Bauchweh abrupt auf. Sie hatte nicht immer Zugang zu Gott. In ihr gibt es einen ganz tiefen Brunnen und daran ist Gott. Manchmal ist er für sie erreichbar, oft aber liegen Steine und geröller auf dem Brunnen und dann ist Gott begraben, dann muss er wieder ausgegraben werden. Gott in den Herzen anderer Menschen ausgraben ist ein wichtiges Thema in diesem Schriften. Sie sah dies aus ihre große Aufgabe an als sie im durchgangslage Westerburg arbeitete.
Gott als schützende Kraft
Hillesum versprach Gott, ein Heim für ihn zu finden, und sprach zu ihm wie zu einer Person. Sie fühlte sich in Gottes Armen und nicht in den Klauen der Nazis. Sie zeichnete Gott als den, der sie in seine schützenden Hände nimmt. Sie bat Gott, sie an der Hand zu nehmen und sie zu führen, auch in die Kälte. In diesem Textabschnitt ist Gott eindeutig ein Wesen, in dessen Armen als im ausruht und dessen Hand sie folgt.
Gott als Schöpfer
Hillesum sah Gott als den Schöpfer von Himmel und Erde. Ihr Leben ist zu einem ununterbrochenen Zwiegespräch mit Gott geworden. Sie preiste Gottes Schöpfung, selbst angesichts dessen, was die Menschen einander antun. Sie nahm die Sicht der biblischen Autoren an, die sagt, dass die Menschheit nach Gottes Bild und Abbild geschaffen ist. Selbst Menschen, die einander im Kriege töten wollen, sind aus Gottesbild gemacht und auch in ihnen ist er präsent. Sie hielt daran fest, Gottes Schöpfung zu preisen, obwohl es oft kaum zu fassen und geistig zu verarbeiten ist, was deine Ebenbilder auf der Erde in diesen entfesselten Zeiten sich gegenseitig antun. Sie stand Auge in Auge mit Gottes Welt und flüchtete sich vor der Realität nicht in schöne Träume. Sie preiste weiterhin Gottes Schöpfung trotz allem.
Die Verantwortung der Menschheit
Hillesum war sich bewusst, dass die Nazis darauf abzielten, das europäische Judentum auszurotten, hielt sie daran fest, an Gott zu glauben und an das Leben. Sie war bereit, an jeden Ort dieser Erde zu gehen, wohin Gott sie schickt, und Zeugnis davon abzulegen, dass das Leben schön und sinnvoll ist und das ist nicht Gottes Schuld ist das alles so gekommen ist sondern die unsere. Sie sah Gott als den Schöpfer von Himmel und die Erde, aber er wird nicht der Allmächtige die wir aus der Tradition gelernt habe wir seine Schöpfung müssen Gott helfen. Sie wollte Gott helfen, dass er sie nicht verlässt. Sie erkannte, dass Gott uns nicht helfen kann, sondern dass wir ihm helfen müssen und dadurch helfen wir letzten Endes uns selbst. Sie forderte keine Rechenschaft von Gott, sondern glaubte, dass er uns später zur Rechenschaft ziehen wird.
Hillesums Antwort auf die Frage nach Gottes Intervention
Hillesum gab eine klare Antwort auf die Frage, warum Gott nicht interveniert hat, als die Nazis sein Volk verfolgten und ausrotteten: Gott ist uns keine Rechenschaft schuldig für die Sinnlosigkeit, die wir selbst anrichten, wir sind Rechenschaft schuldig. Menschen sind dafür verantwortlich, was Menschen tun, Gott hat damit nichts zu tun. Die Frage ist nicht, wo war Gott während der Schoa, die Frage ist, wo war die Menschheit während der Verfolgung des jüdischen Volkes. Sie glaubte an Gott und an den Menschen. Dank ihrer Entscheidung, ihre Tagebücher ihrem Vater Klaas wenig anzuvertrauen, können lesen auf der ganze Welt mit diesem Credo vertraut werden und so erfüllt sich ihre Wunsch etwas zu wohl der nachwärt beizutragen.
Abschluss
Möge die Erinnerung an sie zu besiegen sein.